Negativer Einfluss sozialer Medien auf die Psyche | Tipps & Hilfe

Fluch oder Segen? Die Für- und Widersprecher sind sich auch nach Jahren der Diskussion immer noch uneinig. Während die einen soziale Medien als Ort der Selbstverwirklichung, wichtiges Marketingtool und wertvolles Kommunikationsmittel preisen, sehen die anderen Gefahren in der Reizüberflutung, dem dortigen Wertebild und dem Suchtpotential. Doch egal welcher Partei man angehört, eine Auseinandersetzung mit diesem Thema ist in jedem Fall immer wichtig, da der Konsum sozialer Medien von Jahr zu Jahr weiter ansteigt. Während die tägliche Nutzungsdauer 2012 weltweit noch bei 90 Minuten pro Tag lag, ist sie laut Statista sechs Jahre später bereits auf 138 Minuten gestiegen. Am meisten betroffen davon sind Teenager und junge Erwachsene: Gerade die Generation Z (14-24 Jahre) gab in einer Umfrage an, mehrmals in der Woche soziale Medien, wie Facebook, Twitter, Instagram oder WhatsApp, zu nutzen. Gleichzeitig ist aber gerade auch diese Personengruppe der Meinung, dass die Nutzung von Social Media ihre Gesundheit negativ beeinflusst. Wieso setzten sie sich dennoch bewusst dieser Gefahr aus und wie kann der negative Einfluss von sozialen Medien auf die Psyche gemindert werden? Wir gehen der Sache auf den Grund.

Voll im Trend: Warum sind soziale Medien so beliebt?

Der Mensch ist von Grund auf ein soziales Wesen. Er sehnt sich nach sozialer Interaktion mit anderen, freundlichen Gesprächen und gegenseitiger Anerkennung. Dieses menschliche Bedürfnis kann durch soziale Medien nun noch einfacher erfüllt werden. Hier kann er quasi ohne das Bett zu verlassen, Gespräche mit anderen führen, seine Freunde in der Ferne treffen und in Kommentaren, Likes oder Reaktionen sofortige Bestätigung finden – und das im Überschuss. Ebenso wie wir durch Unmengen an Süßigkeiten ein Zucker-High erleben, kann uns auch der übermäßige Gebrauch von Social Media ein solches Hochgefühl geben und unseren Dopamin-Spiegel ansteigen lassen, wie ein Artikel der Harvard Health Publishing bestätigt.
Hinzu kommt, dass es im Gegensatz zu persönlichen Treffen online noch einfacher ist, auf andere zu reagieren und sich selbst präsentieren. Noch nie war es so leicht, täglich mit seinen Freunden zu sprechen, sich mit Familienmitgliedern auf der ganzen Welt zu vernetzen oder Gleichgesinnte kennenzulernen. Indem man Filter nutzt oder selbst Content veröffentlicht, kann man gezielt Menschen mit den gleichen Einstellungen und Interessen begegnen und sich so gleichzeitig selbstverwirklichen. In der Anonymität des Internets kann man sein, wer man sein will, offen Gedanken aussprechen und seine eigene Identität entwickeln. Dadurch bieten soziale Medien nicht nur die Möglichkeit andere, sondern auch sich selbst zu finden – ein doppelter Vorteil, der sie bei Jung und Alt immer beliebter macht.

Gesundheitliche Folgen: Negative Auswirkungen auf die Psyche

Selbstverwirklichung, soziale Interaktion und Vernetzung mit Gleichgesinnten – das klingt alles sehr vielversprechend, doch natürlich hat der Glanz sozialer Medien auch eine Schattenseite. Laut The Deloitte Global Millennial Survey 2019 glauben fast alle Teenager und junge Erwachsene, dass sie gesünder wären, wenn sie weniger Zeit mit den sozialen Medien verbringen oder komplett auf diese

verzichten würden. Mögliche Gründe, wie sich soziale Medien negativ auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden auswirken können, gibt es dabei viele:

  • Essstörungen: Laut einer gaben 40% der jugendlichen Instagram-User an, dass sie sich zu sehr unter Druck gesetzt fühlen, auf ihren Posts gut aussehen zu müssen. Sie möchten sich möglichst in einem guten Licht präsentieren und vergleichen sich in diesem Zusammenhang zu sehr mit den Bildern anderer. Durch Filter, Photoshop und Fakebilder setzten sie sich dadurch jedoch unerfüllbare Maßstäbe, was bei 17% der Befragten sogar zu einer Essstörung bzw. einer Verschlimmerung von dieser führte.

  • Depressionen: Einige Studien legen bereits nahe, dass eine intensive Social-Media- Nutzung nicht nur kurzfristige, negative Folgen auf das eigene Gemüt haben kann, sondern in ernsthaften psychische Störungen resultieren und die Entwicklung von Depressionen begünstigen kann. Beispielsweise zeigten Studienteilnehmer bereits nach 6 Monaten stärkeren Social-Media-Gebrauchs erste Anzeichen von Depressionen.

  • Schlaf: Häufig ist das blaue Licht des Bildschirmes abends das Erste und morgens das Letzte, was unsere Augen sehen. Wenn Social Media so sehr unseren Alltag und unsere Gedanken bestimmt, ist es nicht ungewöhnlich, dass wir auch davon träumen und so nicht einmal im Schlaf Erholung finden. Laut dem kann dadurch ebenfalls die Melatonin-Produktion unterdrückt und so das Ein- und Durchschlafen erschwert werden, was die Schlafstörungen noch zusätzlich verschärft.

  • Cyber-Mobbing: Die Anonymität des Internets erlaubt es uns, jederzeit unsere Gedanken zu teilen, was einerseits befreiend wirken und zur Selbstverwirklichung beitragen kann, andererseits jedoch auch die Mobbing-Gefahr erhöht. Rund 15% der von Statisika befragte Teenager berichten so bereits davon, im Internet beleidigt oder gemobbt worden zu sein sowie von der Gefahr, dass online Lügen über sie verbreitet werden.

  • Suchtpotential: Indem soziale Medien uns eine scheinbar bessere Welt aufzeigen und uns mit unendlich vielen Posts das Gefühl geben, dass immer wieder etwas Neues auf uns wartet, bergen sie ein hohes Suchtrisiko. Das bestätigt auch eine Studie der DAK , welche schätzt, dass in Deutschland bereits ca. 100.000 Jugendliche süchtig nach Social Media sind.

Tipps für eine gesunde Social-Media-Nutzung

Schlafstörungen, Essstörungen und psychische Störungen – die potentiellen Gefahren von Social Media sind in jedem Fall gravierend. Aufgrund ihrer ernstzunehmenden, möglichen Risiken scheint es ein Leichtes zu sein, soziale Medien zu verteufeln und generell vor ihrer Nutzung zu warnen. Da sie jedoch durchaus auch ihre Vorteile haben können und bereits zu fest in unserer digitalen Gesellschaft verankert sind, sollte lieber ein Weg gefunden werden, mit diesen auf gesunde Weise zu koexistieren. Denn wer es schafft, die richtige Balance zu halten und sich nicht von seinem Konsum beherrschen zu lassen, muss sich auch nicht vor dessen negativen Folgen fürchten. Dafür ist es jedoch wichtig, dass alle an einem Strang ziehen und sich für eine bewusste, ausgewogene Social- Media-Nutzung einsetzen:

  • Institutionen: Um falschen Selbstbildern und gestörten Essverhalten entgegenzuwirken, haben einige soziale Plattformen bereits Gegenmaßnahmen geschalten: Sie verbieten die Werbung von Diätprodukten oder verlinken bei entsprechenden Schlüsselwörtern (wie Magersucht) zu Hilfsangeboten. Um hingegen die Suchtproblematik selbst zu dezimieren, könnten die Regierungen einschreiten und den jeweiligen Plattformen Vorschriften auferlegen, wie sie ihr Design und ihren Algorithmus entsprechend anpassen sollten.
  • Vorbilder: Da soziale Medien überwiegend von Jugendlichen genutzt werden, ist es wichtig, dass sich die Eltern bereits mit diesem Thema auseinandersetzen. Dafür sollten sie sich selbst der potentiellen Gefahr bewusst werden, offen mit ihren Kindern darüber sprechen und ihnen ein positives Verhalten vorleben. Um die Suchtgefahr einzudämmen können beispielsweise bestimmte Social-Media-Zeiten festgelegt werden, an welche sich Kinder und Erwachsene gleichermaßen zu halten haben.

  • Eigenverantwortung: Hier ist es entscheidend soziale Medien nicht im Hintergrund, sondern bewusst zu nutzen. Experten raten deshalb zu Folgendem: Setze Dir ein tägliches Zeitlimit, suche online nach authentischen Vorbildern, verbanne das Smartphone aus dem Schlafzimmer, surfe nicht in schlechter Stimmung und halte Dir immer wieder vor Augen, dass die gesehenen Bilder nur eine Scheinwelt aufzeigen. Durch Filter, Photoshop, Makeup und spezielle Belichtung kann leicht ein perfektes Leben vorgetäuscht werden, das jedoch niemals der Realität entspricht. Mache Dir das immer wieder bewusst und achte dabei auf Deine eigene psychische Gesundheit.

Durch einen bewussten und reflektierten Umgang mit den sozialen Medien können ihre potentiellen gesundheitlichen Risiken eingedämmt werden. Wichtig ist es deshalb immer, sein Online-Verhalten zu überdenken und sich selbst zu fragen, ob es einem mit (weniger) oder ohne Social Media besser gehen würde und was sich für einen persönlich ändern muss, um langfristig gesund und glücklich zu leben. Deshalb solltest Du stets auf Dein eigenes Wohlbefinden achten und Dich um Deine psychische Gesundheit kümmern – offline sowie online.

Quellen:

Statistik (2018) Täglicher Konsum 

Statistik (2020) Häufigkeit nach Alter

Havard Health (2018) Suchtpotential soziale Medien

Deloitte Millennial Survey (2019) kritische Wahrnehmung von Social Media

Pew Studie (2018) Social Media Druck auf Teenager

American Journal of Preventive Medicin (2020) Depressionen durch Social Media

Klaus Grawe Institut (2019)  Social Media und Schlaf

Statista (2019) negative Erfahrungen im Internet

DAK (2019) Anzahl süchtige Teenager

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